09.10.2003
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Mutter sein ist schwer - alleine sein noch mehr
Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern, wie ich mich gefreut habe, als ich gehört habe, dass der Vater meines Kindes mit seinem Kind für satte zwei Wochen (in Worten: zwei Wochen) in den Urlaub fahren will. Himmel! Zwei Wochen ohne Kind! Das wäre Premiere. Endlich ausschlafen. Endlich rumgammeln. Endlich jeden Tag weggehen. Endlich all das tun, was man mit Kind nicht tun kann. Endlich wieder alles tun.
Ich weiß schon gar nicht mehr, wie es ist ohne Kind zu sein. Ist es denn wirklich wahr, dass ich früher ständig auf Achse gewesen bin? Dass ich früher aus der Disco quasi arbeiten gegangen bin? Hier mal eben spontan hinfahren, da mal eben etwas unternehmen. Und je kürzer der Rock dabei war, desto besser. Schminken war Pflicht, weiblich gekleidet noch mehr. Ich war hip! Und dann wachte ich eines Morgens mit dem unerträglichen Wunsch auf, ein Kind haben zu wollen. Er hielt nicht nur den einen Tag an, sondern Wochen und Monate, bis es endlich so weit war: Ich wurde schwanger. Und selbst damals lebte ich irgendwie weiter bis bisher. Zugegeben: ich war nicht mehr so oft Gast in meiner Lieblingsdisse und das ich kurze Röcke meiden sollte schnallte ich auch recht schnell. Aber im Großen und Ganzen war es doch irgendwie so wie immer. Bis man eben nicht mehr alles mitmachen konnte. Während meine Freundinnen sich auf der Sonnenbank auf den Sommer vorbereiteten, ging ich Babyklamotten einkaufen. Während sie Mettbrötchen assen, verfluchte ich mich jeden Tag, weil ich Toxoplasmose negativ war und rohes Fleisch meiden musste. Während meine Freundinnen das Neueste vom Neuesten an Klamotten einkauften, sah ich zu, dass mir meine Schwangerschaftshose bis zur Geburt passt und ich nicht mehr Umstandskleidung kaufe, als nötig.
Und dann kam der besagte Termin, der im übrigen schon wieder naht. Am 18. Oktober 2000 sollte es soweit sein. Aber es war noch nicht so weit. Ich wusste es von vorn herein. Die Tage vergingen, der Bauch wuchs bis ins Unerträgliche. Alleine Schuhe binden wurde zum Lebensziel, ein gemeinsamer Schlafrhythmus von Baby und mir ein Wunschdenken. Doch was raus muss, muss raus. Und so auch Sohn. Einen Tag vor Halloween machten wir uns also auf die Socken. Die Kliniktasche stand seit Wochen schon parat. Quasi im Kofferraum, falls es so plötzlich los gehen sollte, dass ich es nicht einmal mehr rechtzeitig zum Krankenhaus geschweige zum Taschepacken schaffe. Über 20 Stunden später, um 4.23 morgens an Halloween war Sohn dann da und ich wurde Mutter. Komischerweise ist mit dem Zeitpunkt der Geburt alles ganz anders. Plötzlich ist man nicht mehr die flippige Irre, die jeden Mist mitmacht und keinen Halt kennt, sondern fürsorglich, zärtlich, aufopfernd - eben Mutter mit Haut und Haaren. Seit diesem Tag ist mein Standardoutfit nicht mehr der kurze Rock, sondern verbeulte Jogginghosen. Anstatt gekämmt, frisiert und geschminkt renne ich jetzt mit einer zotteligen Mähne und Augenringen durch die Gegend. Aber immerhin kommt die Akne wieder. Ein Zeichen, dass ich jung geblieben bin! Ein Verbindungsstück zwischen damals und heute! Zwischen Windeln wechseln, Fläschchen geben, Ratschlägen der Schwiegermutter, Babygeschrei, Schlaflosigkeit und sonstigem Alltagsstress finden sich auch satte 20 Minuten für mich. Man hofft, dass es besser wird. Schließlich werden die Kleinen ja soo schnell groß!
Und dann wird alles wie früher sein: Top gestylt spaziert man durch die Gegend, das Kind wird ordentlich angezogen und gekämmt, ohne Schokoladenbart, klebrigen Fingern und Gemeckere dressiert neben einem herlaufen. Eine Vorzeigefamilie eben. Und ein Traum. Sowie auch der Traum einer kleiner Tasche. Seit der Geburt trage ich nur große Taschen. Die Wickeltasche ist glücklicherweise seit einigen Wochen ausgestorben, nicht aber die große Tasche. Da passt aber auch alles rein, was man so benötigt, wenn man unterwegs ist: Taschentücher, Fieberzäpfchen, zwei Spielzeugautos, eins davon mit einer kaputten Tür, Handy, Zigaretten, Schlüssel, Geldbeutel, Diskette, Ladegerät für ein Handy, welches ich gar nicht mehr habe, ein Spiegel, den man eh nie findet, wenn man ihn braucht und andere Dinge. Und bis vor einigen Monaten war sogar ein Rohling darin zu finden! Und das vorbildliche Kind, ist mal wirklich gut gelungen: es schreit lauthals im Supermarkt, es kauft selber Ü-eier ein, es pinkelt sich auf dem Spielplatz in die Hose, es ruft im McDonalds, dass es pissen (anstatt pieseln muss), aber möglichst so, dass es alle mitbekommen und bleibt natürlich auch keine 2 Stunden sauber. Ich genauso wenig. Schicke Hosen und Röcke sind ein Traum. Aber wenn man lange genug durchhält, macht es sogar richtig Spaß im Schlabberlook rumzulaufen. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, wie ich ohne aussehen würde!
Die Tage, Monate, Jahre vergehen und bis man sich umsieht naht der dritte Geburtstag des kleinen Monsters. Und dann kommt der D-day: Der zweiwöchige Urlaub bricht an. Ich schreibe den Tag 1. Yeah! Endlich Zeit für mich. Endlich Zeit für alles. Ich werde es voll ausnutzen. Jeden Tag auf Achse sein, jeden Tag feiern, jeden Tag ausschlafen, jeden Tag ... doch irgendwas stimmt nicht. Das Gebrüll bleibt aus, das 2345423. Wasserrauschen im Bad fehlt, die Autos über die man so gerne stolpert werden vermisst, Einkaufen macht auch keinen Spass mehr. Wozu putzen, wenn es keiner mehr dreckig macht? Wieso saugen, wenn hinterher die Kekskrümel auf dem Teppich ausbleiben? Alles ist anders. Trostlos. Freudlos. Das vergessene Ü-ei in der Kühlschranktür erinnert daran, dass da eigentlich jemand fehlt. Jemand, der nur zu gerne dieses Ü-ei mit großen Augen auspacken würde, sich mit der Schokolade bis zu den Ohren einschmieren würde um dann mit klebrigen Händen die Badezimmertür zu öffnen und zum wiederholten Mal die Hände zu waschen, während ich zum wiederholten Male die Schokoladenspuren von Tisch, Klinke, Waschbecken, Fernbedienung u. a. wegwische. Doch es gibt keine Schokoladenspuren. Das Ü-ei bleibt unberührt. Habe ich eigentlich wirklich gelebt, bevor ich Mutter wurde? Nein. In Wirklichkeit hat mein Leben erst mit der Geburt meines Sohnes begonnen. Heute ist der erste Tag des zweiwöchigen Urlaubs. Ich sitze dumm da und vermisse mein Kind jetzt schon, obwohl es erst morgen tatsächlich in den Urlaub fährt. Die Stille ist ungewohnt, die Ungestörtheit genauso. Und dabei wollte ich doch jetzt endlich alles tun, was ich die letzten drei Jahre nicht tun konnte.
Ich weiß schon gar nicht mehr, wie es ist ohne Kind zu sein. Ist es denn wirklich wahr, dass ich früher ständig auf Achse gewesen bin? Dass ich früher aus der Disco quasi arbeiten gegangen bin? Hier mal eben spontan hinfahren, da mal eben etwas unternehmen. Und je kürzer der Rock dabei war, desto besser. Schminken war Pflicht, weiblich gekleidet noch mehr. Ich war hip! Und dann wachte ich eines Morgens mit dem unerträglichen Wunsch auf, ein Kind haben zu wollen. Er hielt nicht nur den einen Tag an, sondern Wochen und Monate, bis es endlich so weit war: Ich wurde schwanger. Und selbst damals lebte ich irgendwie weiter bis bisher. Zugegeben: ich war nicht mehr so oft Gast in meiner Lieblingsdisse und das ich kurze Röcke meiden sollte schnallte ich auch recht schnell. Aber im Großen und Ganzen war es doch irgendwie so wie immer. Bis man eben nicht mehr alles mitmachen konnte. Während meine Freundinnen sich auf der Sonnenbank auf den Sommer vorbereiteten, ging ich Babyklamotten einkaufen. Während sie Mettbrötchen assen, verfluchte ich mich jeden Tag, weil ich Toxoplasmose negativ war und rohes Fleisch meiden musste. Während meine Freundinnen das Neueste vom Neuesten an Klamotten einkauften, sah ich zu, dass mir meine Schwangerschaftshose bis zur Geburt passt und ich nicht mehr Umstandskleidung kaufe, als nötig.
Und dann kam der besagte Termin, der im übrigen schon wieder naht. Am 18. Oktober 2000 sollte es soweit sein. Aber es war noch nicht so weit. Ich wusste es von vorn herein. Die Tage vergingen, der Bauch wuchs bis ins Unerträgliche. Alleine Schuhe binden wurde zum Lebensziel, ein gemeinsamer Schlafrhythmus von Baby und mir ein Wunschdenken. Doch was raus muss, muss raus. Und so auch Sohn. Einen Tag vor Halloween machten wir uns also auf die Socken. Die Kliniktasche stand seit Wochen schon parat. Quasi im Kofferraum, falls es so plötzlich los gehen sollte, dass ich es nicht einmal mehr rechtzeitig zum Krankenhaus geschweige zum Taschepacken schaffe. Über 20 Stunden später, um 4.23 morgens an Halloween war Sohn dann da und ich wurde Mutter. Komischerweise ist mit dem Zeitpunkt der Geburt alles ganz anders. Plötzlich ist man nicht mehr die flippige Irre, die jeden Mist mitmacht und keinen Halt kennt, sondern fürsorglich, zärtlich, aufopfernd - eben Mutter mit Haut und Haaren. Seit diesem Tag ist mein Standardoutfit nicht mehr der kurze Rock, sondern verbeulte Jogginghosen. Anstatt gekämmt, frisiert und geschminkt renne ich jetzt mit einer zotteligen Mähne und Augenringen durch die Gegend. Aber immerhin kommt die Akne wieder. Ein Zeichen, dass ich jung geblieben bin! Ein Verbindungsstück zwischen damals und heute! Zwischen Windeln wechseln, Fläschchen geben, Ratschlägen der Schwiegermutter, Babygeschrei, Schlaflosigkeit und sonstigem Alltagsstress finden sich auch satte 20 Minuten für mich. Man hofft, dass es besser wird. Schließlich werden die Kleinen ja soo schnell groß!
Und dann wird alles wie früher sein: Top gestylt spaziert man durch die Gegend, das Kind wird ordentlich angezogen und gekämmt, ohne Schokoladenbart, klebrigen Fingern und Gemeckere dressiert neben einem herlaufen. Eine Vorzeigefamilie eben. Und ein Traum. Sowie auch der Traum einer kleiner Tasche. Seit der Geburt trage ich nur große Taschen. Die Wickeltasche ist glücklicherweise seit einigen Wochen ausgestorben, nicht aber die große Tasche. Da passt aber auch alles rein, was man so benötigt, wenn man unterwegs ist: Taschentücher, Fieberzäpfchen, zwei Spielzeugautos, eins davon mit einer kaputten Tür, Handy, Zigaretten, Schlüssel, Geldbeutel, Diskette, Ladegerät für ein Handy, welches ich gar nicht mehr habe, ein Spiegel, den man eh nie findet, wenn man ihn braucht und andere Dinge. Und bis vor einigen Monaten war sogar ein Rohling darin zu finden! Und das vorbildliche Kind, ist mal wirklich gut gelungen: es schreit lauthals im Supermarkt, es kauft selber Ü-eier ein, es pinkelt sich auf dem Spielplatz in die Hose, es ruft im McDonalds, dass es pissen (anstatt pieseln muss), aber möglichst so, dass es alle mitbekommen und bleibt natürlich auch keine 2 Stunden sauber. Ich genauso wenig. Schicke Hosen und Röcke sind ein Traum. Aber wenn man lange genug durchhält, macht es sogar richtig Spaß im Schlabberlook rumzulaufen. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, wie ich ohne aussehen würde!
Die Tage, Monate, Jahre vergehen und bis man sich umsieht naht der dritte Geburtstag des kleinen Monsters. Und dann kommt der D-day: Der zweiwöchige Urlaub bricht an. Ich schreibe den Tag 1. Yeah! Endlich Zeit für mich. Endlich Zeit für alles. Ich werde es voll ausnutzen. Jeden Tag auf Achse sein, jeden Tag feiern, jeden Tag ausschlafen, jeden Tag ... doch irgendwas stimmt nicht. Das Gebrüll bleibt aus, das 2345423. Wasserrauschen im Bad fehlt, die Autos über die man so gerne stolpert werden vermisst, Einkaufen macht auch keinen Spass mehr. Wozu putzen, wenn es keiner mehr dreckig macht? Wieso saugen, wenn hinterher die Kekskrümel auf dem Teppich ausbleiben? Alles ist anders. Trostlos. Freudlos. Das vergessene Ü-ei in der Kühlschranktür erinnert daran, dass da eigentlich jemand fehlt. Jemand, der nur zu gerne dieses Ü-ei mit großen Augen auspacken würde, sich mit der Schokolade bis zu den Ohren einschmieren würde um dann mit klebrigen Händen die Badezimmertür zu öffnen und zum wiederholten Mal die Hände zu waschen, während ich zum wiederholten Male die Schokoladenspuren von Tisch, Klinke, Waschbecken, Fernbedienung u. a. wegwische. Doch es gibt keine Schokoladenspuren. Das Ü-ei bleibt unberührt. Habe ich eigentlich wirklich gelebt, bevor ich Mutter wurde? Nein. In Wirklichkeit hat mein Leben erst mit der Geburt meines Sohnes begonnen. Heute ist der erste Tag des zweiwöchigen Urlaubs. Ich sitze dumm da und vermisse mein Kind jetzt schon, obwohl es erst morgen tatsächlich in den Urlaub fährt. Die Stille ist ungewohnt, die Ungestörtheit genauso. Und dabei wollte ich doch jetzt endlich alles tun, was ich die letzten drei Jahre nicht tun konnte.
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