08.09.2004

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Der Baum in meinem Garten

Nichtsahnend. Unschuldig. Sachlich.
Heimlich begann alles, fast schon unmerklich.
Doch es lief bestens
Die Dinge sind geregelt. Alles ist so, wie es sein muss.

Ich erinnere mich daran. An diese kleine Pflanze, die ich in der Hand hielt.
Sie war so zart. Ich wusste nicht, ob ich sie einpflanzen soll, ob ich Hoffnungen in sie stecken soll.
Es war die Sache wert. Ich weiß es.
Ich habe sie gehegt und gepflegt.
Sie gedieh.

Die Tage vergingen.
Ehe ich mich versah wurde die Pflanze sehr wichtig für mich.
Mittlerweile konnte ich sie nicht mehr verheimlichen, sie beschützen.
Sie nahm einfach zu viel Platz weg. Sie verdrängte die anderen Pflanzen in meinem Garten.
Denn aus ihr war ein stattliches Bäumchen geworden.

Dunkle Wolken. Regen in Strömen. Heftige Unwetter.
Das Bäumchen drohte zu brechen. Wir sind stark.
Manchmal vernachlässige ich es. Manchmal habe ich keine Zeit.
Ich will mich kümmern. Die Umstände lassen es nicht zu. Ich vergesse beinahe den Baum in meinem Garten.

Doch manchmal sehne ich mich nach nichts anderen. Außer nach dieser Ruhe.
Der Ruhe vor dem Sturm. Ich lege mich in den Schatten meines Baumes.
Es ist jetzt kräftiger Baum. Nichts hat ihm schaden können.
Ich lasse mich fallen. Geborgenheit. Sicherheit.
Und tiefe Zuneigung.

Und dann liege ich da. Schaue in die prachtvolle Krone. Berühre zärtlich den kräftigen Stamm mit meinen Fingern.
Bewundere jedes einzelne Blatt. Liebe jedes einzelne Blatt. Es ist ein ganz besonderer Baum.
Es ist mein liebster Baum.
Die Stille umgibt mich wie ein sanfter Schleier. Ich fühle mich verstanden.
Aber es ist nur die Ruhe vor dem Sturm.

Ich spüre die Hitze des Feuers unter mir. Der Boden glüht. Geballte Energie macht sich breit.
Funken sprühen. Der Himmel verfärbt sich blutrot.
Der Baum brennt.
Er wird nicht verbrennen. Ich weiß es. Und doch macht mir dieses Feuer Angst.
Es ist stark. Es bricht jeden Widerstand. Es ist besitzergreifend.
Und es treibt mich noch mehr in die Nähe meines Lieblingsbaumes.

Er erwacht zum Leben und greift nach mir. Jeder einzelne Ast verwandelt sich in einen greifenden Arm. Er wird mich verschlingen.
Aber nicht aus Boshaftigkeit.

Ich sollte mich wehren. Ich will mich nicht wehren.
Ich genieße diese Hitze, die mir gefährlich werden könnte. Ich lasse mich von dem Baum in Besitz nehmen. Ich lasse mich von dem lodernden Feuer in Besitz nehmen.
Wir sind eins und doch sind wir es nicht.

Es hört so plötzlich auf, wie es begonnen hat. Als ich meine Augen öffne sehe ich keine Spur von dem Feuer. Alles ist ruhig. Der Baumt steht weiterhin unbeschadet in meinem Garten.
Ich schaue ihn an. Bewunderung. Allertiefster Respekt. Verbundenheit.
Liebe?
Es gibt viele Bäume. Einige davon stehen ebenfalls in meinem Garten, aber keiner ist mir so ans Herz gewachsen wie dieser hier.
Keiner gibt mir soviel Kraft. Und keiner macht mich so glücklich.

Es ist schon lange nicht mehr so, wie es sein muss, begreife ich.
Und doch ist es gut so, wie es ist. Auch wenn es schwierig ist.
Mein Baum ist berühmt geworden.
Jeder kennt ihn, weil er der schönste Baum weit und breit ist. Alle bewundern ihn.
Alle wollen wissen, warum er so wertvoll ist.
Ich lächele.
Ich weine.

Und ich teile. Mit anderen.
Mittlerweile habe ich selten die Gelegenheit alleine meinen Baum zu genießen.
Aber wenn ich es tue, dann tue ich es mit Haut und Haaren.
Denn ich weiß, dass es wieder kommen wird. Das Feuer. Welches uns auf eine seltsame Weise verbindet.
Es ist ein Geheimnis. Und manchmal eine Last.

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