06.06.2005

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Leiden, aber richtig! - Part II

Montag morgens um halb acht in Deutschland.

Ich stehe in weißer, sauberer Arbeitskleidung im Bad, eine Hand bedeckt von einem blauen Handschuh, mit der anderen Hand die blaue Klobürste haltend und starre in mein seit drei Tagen verstopftes Klo, als ein Pappbecherdeckel meine Wege kreuzt. Ich grinse. Dann grinse ich etwas breiter. Und Schließlich grinse ich dumm und breit. Ich fische mit der behandschuhten Hand die kleine Frisbeescheibe heraus, welche zweifellos der Übeltäter war und mir solche Strapazen verschafft hat. Dann spüle ich. Lange und ausgiebig, und gedenke Google und den Tipps, die ich dort las.

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Das ist nur eine Anekdote. Eine von vielen. Es sind so viele, wirklich viele - sie alle niederzuschreiben wäre eine Lebensaufgabe. Und diesen Satz habe ich eigentlich auch nur deswegen geschrieben, weil ich verzweifelt nach einem sensationsverdächtigen Übergang zum nächsten Thema suchte, welches der eigentliche Grund für diesen Blog war. Und dieses Thema ist sogar richtig ernst. (Nicht dass die Klogeschichte weniger ernst wäre - ich habe gelitten wie ein Hund!)

Aus mir unerklärlichen Gründen verspürte ich den Wunsch, einer ganz bestimmten Person zu sagen, wie wichtig sie mir ist. Ich bringe nur äußerst selten den Mut auf, Klartext im Bezug auf meine Gefühle zu reden und deswegen war es notwendig, einen guten Plan auszuarbeiten, bevor ich mich Hals über Kopf in Affären stürze, aus denen ich vielleicht als Loser hervorgehen konnte. Und so entschied ich, den indirekten Weg in Form einer SMS zu wählen und verschickte mitten in der Nacht meine verschlüsselte Botschaft. Sie bedeutete soviel wie *sterb* *hechel* *herzklopf* *schmelz* *im schritt kratz* - natürlich etwas poetischer ausgedrückt, sofern man das überhaupt von einer verschlüsselten Botschaft behaupten kann, welche zugegeben Zeit für die Entschlüsselung benötigen würde oder alternativ viel gesunden Menschenverstand und eine überdurchschnittliche Intelligenz gepaart mit Interesse an kniffligen Rätseln.

Die Botschaft beinhaltete nämlich nicht alle Buchstaben der Wörter, die ich benutzt hatte, sondern nur einige bestimmte. Was dann geschah, war unglaublich. Ich rechnete weder mit einer Antwort, noch mit einer anständigen Antwort, sondern wenn überhaupt dann eher mit Fragezeichen, ging aber davon aus, dass meine SMS zur späten Stunde entweder nicht gelesen oder überhört wird. Keines von all dem traf zu, denn keine Minute später kam die Antwort rein: Ich liebe dich auch, stand da schwarz auf weiß auf dem Display meines Handys. Ich weiß nicht mehr so genau, was in den nächsten zehn Minuten passiert ist, denn in diesen zehn Minuten war ich weder bei vollem Bewusstsein, noch zurechnungsfähig oder einem intelligenten Wesen auch nur ansatzweise ähnlich. Ich sprang wie von Sinnen von meinem Stuhl auf und rannte hektisch durch die Wohnung, den kalten Schweiß im Rücken, der mich plötzlich befallen hatte und las mit zittrigen Fingern immer wieder die Antwort, die mich völlig überrumpelt hatte. Ich war fassungslos. Ich war mehr als fassungslos, ich war so erstaunt, überrascht und perplex, dass ich nicht mehr klar denken konnte.

Tränen schossen mir in die Augen, weil ich damit nie und nimmer gerechnet hätte und weil ich kaum noch Luft zum Atmen hatte. Ich war noch nie in meinem Leben so hilflos, so überrascht, so überfordert wie zu diesem Zeitpunkt. Streckenweise war mir sogar schlecht, weil mein Magen kurzerhand rebellierte und den Stress nicht verarbeiten konnte. Ich fragte mich, was dafür verantwortlich war, dass die Person, die meine Botschaft empfangen hat, diese einfach so verstand. Ich schrieb, nachdem ich mich wieder gesammelt hatte, meine Verwunderung nieder und fragte noch, ob das, was ich eben las wirklich ernst gemeint war. "Oh Gott, nicht alles so nehmen wie es scheint" kam nach einigen Sekunden zurück. Damit war die Sache für mich sonnenklar. Die Person hatte meine Botschaft nicht verstanden. Sie hatte wohl eher drei Fragezeichen über dem Kopf und dachte "Ja, du mich auch" schrieb aber unglücklicherweise "Ich liebe dich auch" was beinahe einen Herzstillstand bei mir hervorgerufen hätte.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand auf eine verschlüsselte "Liebesbotschaft" mit so einer Antwort reagiert? 1:100000? Die richtige Antwort von der richtigen Person zum richtigen Zeitpunkt - jedoch aus einer völlig anderen Intention heraus. Das nennt man Ironie des Schicksals. Das sind Schicksalsschläge, die nur in meiner Welt passieren und sonst nirgends. Unnötig zu erwähnen, dass meine Laune anschließend auf den Nullpunkt sank und ich wieder einmal mit Frustration zu kämpfen hatte.

Im Nachhinein verstand ich zwar die Zusammenhänge, fühlte mich jedoch trotz allem wie ein Versager und total verarscht. Ich entschied, dass ich wohl einen guten Grund für mein Verhalten in der Vergangenheit hatte und beschloss weitere liebesähnliche Erklärungen zu vermeiden, da es einfach nicht sein soll oder ich es offensichtlich nicht drauf habe. Und so endete ein weiteres Märchen in meiner Welt und das Böse gewann wieder einmal, in dem es mir Glück schenkte, um es sekundenspäter wieder zu stehlen. Wie unfair ist das eigentlich? Ich habe ja manchmal den Verdacht, dass jeder von uns insgeheim für irgendwelche Dinge büßt. So auch ich. Vielleicht passieren mir diese ganzen komischen Dinge mit guten Grund? Vielleicht habe ich an einer Stelle einmal zuviel schadenfroh gelacht? Vielleicht werde ich bestraft, weil ich zu Grundschulzeiten auf dem Schulweg immer Äpfel geklaut habe und meine Clique Anzeige gegen Unbekannt erstatten wollte, da wir uns eingebildet haben, den Besitzer der Apfelplantage psycholike mit einem Messer vor dem Fenster zu sehen? Vielleicht sollte ich doch eine Art Schicksalstagebuch führen? Writ of Fate wäre doch ein cooler Name!

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