04.06.2005
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Leiden, aber richtig! - Part I
"Und eine Stimme sprach zu mir: Freue dich, denn es könnte schlimmer kommen. Ich freute mich und es kam schlimmer."
Der Satz ist so wahr, wie das Amen in der Kirche. Jeder, der einmal eine endlose Pechsträhne spüren durfte, wird mir das bestätigen. Früher als Teenie, glaubte ich, dass auf jedes gute Geschehen, ein schlechtes folgen würde, bis ich erkannte, dass das Böse schummelt, weil es öfters dran kam, als das Gute. Leider hat sich seit damals nichts verändert. Glückliche Momente sind selten, dafür kommen Momente, die jenseits von Gut und Böse sind, öfters als uns lieb ist.
Einst führte ich Tagebuch über das Schicksal, bis ich erkannte, dass es nicht wirklich Sinn macht, da ich mir das Teil ohnehin nie durchlesen würde, aus Angst hinterher in böse chronische Depressionen zu verfallen. Leider vergisst man Schicksalsschläge auch nicht so einfach. Z. B. war es kürzlich so, dass mein Abfluss im Bad zum x-ten Mal verstopft war, von jetzt auf gleich blieb das Wasser stehen. Es stand einfach. Und nach einer Ewigkeit floss es dann endlich mal ab. Doch das bedeutete auch, dass ich meine Zähne an der Badewanne putzen musste, um die Verstopfung nicht zu verschlimmern. Schon vor zwei Jahren beschloss ich ein Drahtseil zu kaufen, was Fachleute bei Rohrverstopfungen einsetzen. Ich sah ein, dass die Investition bei mir mehr Sinn machte, als bei jedem anderen und trennte mich gerne von dem benötigten Kleingeld, um das gute Eisenstück in meinen Besitz zu bringen. Seit diesem Tag kommt es mindestens 4x im Jahr zum Einsatz. Im Bad. Im Waschbecken. Niemand weiß so genau, warum dieser Abfluss immer wieder verstopft ist. Ich stopfe da weder Dinge rein, noch schmeiße ich Haare in den Abfluss und Sohn traut sich seit dem überletzten Mal auch nicht wirklich diverse Zahnpastadeckel im Abfluss zu versenken. Und doch muss ich mehrmals im Jahr den Abfluss entstopfen. Und leider bringen mir diverse Abflussreiniger, die der Markt hergibt, überhaupt nichts, weil es bei mir in der Tat eine Rohrverstopfung und kein verstopfter Abfluss ist.
Nun, nachdem mein privater Fachmann eine halbe Stunde rumgewerkelt hat, war das Rohr wieder frei und ich glücklich. Zumindest bis zum nächsten Morgen, als ich ahnungslos auf die Toilette ging und beim Spülen feststellte, dass das Wasser steht. Und mit Stehen meine ich Stehen. Stille. Zehn Sekunden gehen vorbei. Ich bin in Gedanken beim 250 € - Rohrdienst statt Radlager und Zahnriemen für mein Auto, stelle mir meinen zufälligen Unglückssturz aus dem Wohnzimmerfenster vor und schreibe mein Testament. Dann setzen die Qualen ein. Ich fluche auf sämtlichen Sprachen und benutze dabei alle Wörter, die ich kenne. Ich fluche immer lauter, bis ich am Schluss einfach nur noch lauthals rumbrülle und meinem Frust Luft mache. Die ersten Pläne für einen Umzug werden geschmiedet, gleichzeitig gehe ich meinen Kontoauszug in Gedanken durch und vergesse einfach, dass ich ein Fahrzeug besitze, an dem ein bis viele Teile erneuert werden sollten und dass der Tüv nächsten Monat ansteht. Ich vergesse auch, dass ich kinderlos bin und jeden Tag Party machen könnte, wenn mein verficktes Klo nicht verstopft wäre und ich keinen Plan hätte warum.
Mir wird klar, dass ich etwas unternehmen muss. Sämtliche Toilettengänge sind undenkbar, solange das Wasser nicht abläuft. In meiner Naivität kippe ich den restlichen Abflussreiniger in die Schüssel und wünsche mir ätzende Mittel, die einfach alles wegfressen, was im Abfluss liegt und dort nicht hingehört. Der Abflussreiniger bringt natürlich überhaupt nichts und schon stelle ich mir einen guten Menschen vor, der in meinem Klo Dinge tut und Dinge findet, die nie gefunden werden sollten. Mir wird schlecht. Ich will gucken wie die Lage ist und stelle mich mit genügend Sicherheitsabstand vor die Toilette und glotze angestrengt in die Schüssel, sehe aber nichts verdächtiges. Eigentlich sehe ich gar nichts, nur Wasser. Mir fällt ein, dass ich ein Drahtseil habe, eigens für solche Zwecke gekauft. Nach einer halben Stunde Überwindung versuche ich mein Glück, wissend, dass ich heute eventuell sterben werde. Der Draht passt keine 15 cm rein. Er scheitert schon an dem U im Abfluss, welches er einfach nicht bewältigen kann, obwohl er flexibel ist. Oh Gott, denke ich, ich werde mit der Hand rumwühlen müssen!
Nachdem ich ausgiebig mein Problem ergoogelt habe, zwei Zigaretten geraucht habe und einem Schweißbad genossen habe, ziehe ich meine blauen Gummihandschuhe auf und verfluche mich, mein Leben, mein Geschlecht, den Erfinder von Kloschüsseln und alle Männer auf dieser Erde. Dann lange ich in das Rohr und rede mir gleichzeitig gut zu, in dem ich laut betone, dass das nur Wasser ist - wie jedes andere auch. Ich finde auf meiner Entdeckungsreise überhaupt nichts. Nichts. Aber irrsinnigerweise läuft das Wasser wesentlich besser ab als vorher. Ich habe den Verdacht, dass der Draht irgendwas "zur Seite geschoben" hat und somit das Wasser wieder ungehindert fließen kann. Ich nutze die Gunst der Stunde und fahre zum Supermarkt und kaufe alle Produkte, auf denen WC, 00, Toilette oder Abfluss drauf steht und kippe anschließend selbige nacheinander in die Schüssel. Dann verdränge ich das Thema und fahre Zelten, wo ich meinen Frust in Alkohol, Sex und Nahrung kaltblütige ermorde.
Als ich das erste Mal nach meinem Kurzurlaub die Toilette benutzen möchte, fällt mir das ganze Desaster wieder ein. Ich versuche zu spülen, die Chemikalien versperren mir die Sicht zum Grund aller Gründe als... Was ist das denn? Wie in Zeitlupe schwimmt mir ein MCDonalds-Pappbecherdeckel entgegen, den ich nun, da ich ihn sehe, nach meinem letzten MCDrive-Besuch in der Tat vermisst habe. Er kommt förmlich aus dem Nichts, kriecht aus dem U des Abflusses hervor und bleibt anschließend im sichtbaren Teil der Schüssel liegen.
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