28.05.2006
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Kabale und Liebe
I
Sommer, Sonne, Leichtsinn. Ich werde von den Geschehnissen wachgeküsst, wie Dornröschen aus ihrem Schlaf. Ich bin Alice im Wunderland. Der Baum brennt und ich habe es viel zu spät bemerkt. Hör auf, darüber zu nachzudenken. Du bist vielleicht nur blind. Und ein hoffnungsloser Idealist. Warum muss ich unbedingt herausfinden, ob die Puzzlestücke zusammen passen? Es war ein wunderbarer Kuss. Vielleicht sogar der Beste.
II
Anderer Sommer, anderes Märchen. Ich bin Schneewittchen und tanze mit den sieben Zwergen im Garten Eden. Den Garten bilde ich mir nur ein. In Wirklichkeit gibt es gar keinen Garten, aber Utopia scheint zum Greifen nahe zu sein. Ich muss nur noch meine Hand ausstrecken, es an mich reißen und schon könnte ich in eine Welt entschwinden, die meine Vorstellungskraft gänzlich sprengt. Ich habe keine Hand.
Aber dafür habe ich Augen. Ich will blind sein, um die Schönheit, die mich auffrisst nicht mehr sehen zu müssen. Unglaubliche Schmerzen legen sich wie ein Schleier um meinen Körper. Sie schmecken süßer als alles was ich bislang gekostet habe und raffen mich langsam dahin. Ich lache.
Eigentlich. Ja, eigentlich. Eigentlich sollte alles anders sein. Nein. Eigentlich müsste alles anders sein. Ich habe mir zuviel vom Teufel versprochen.
Die Vorstellung beginnt. Der Vorhang hebt sich und präsentiert die grell beleuchtete Bühne, auf der ich stehe. Ich bin Statist in einem drittklassigen Theaterstück und gleichzeitig der einzige Zuschauer im Saal.
III
Gott gewährt mir eine Audienz. Ich bin bewaffnet bis zu den Zähnen, als ich ihm am Morgen gegenüber trete und zu einem Duell herausfordere. Er weigert sich seine Sekundanten zu bestimmen. Die Ordnung gerät ins Wanken. Ich kann auf diese Weise nicht mit ihm spielen. Es ist ein Spiel ohne Spielregeln. Und es ist ein Spiel welches ich nicht gewinnen kann, weil es nie meine Bestimmung war zu gewinnen.
Zorn übermannt mich. Die eisige Stille wird lediglich durch mein wutentbranntes Keuchen unterbrochen. Die Aula ist voll. Sie sind alle da. Ich entdecke Judas, wie er mir mit einem zynischen Schmunzeln zuzwinkert. Lautes hämisches Gelächter ertönt und begräbt mich unter sich. Gott reckt sich, verschränkt die Arme hinter dem Nacken und schenkt mir ein überhebliches breites Grinsen. Ich hasse ihn für dieses Grinsen. Dieser Scheißkerl muss bluten. Er muss von seinem Thron gestürtzt werden und ich werde diejenige sein, die ihn stürzen wird. Geh auf die Knie damit ich dich ficken kann, so wie du mich die letzten Jahre gefickt hast.
Irgendwo singt ein Vogel sein letztes Lied. Der Morgen offenbart sich in all seiner Pracht. Es ist ein Morgen ohne Sonne. Ich bestaune diesen strahlend blauen aber sonnenlosen Himmel und hoffe ihn nie wieder sehen zu müssen. Er macht mir Angst, obwohl er so unschuldig wirkt. Zu unschuldig. Wie die Ruhe vor dem Sturm. Aber es wird keinen Sturm geben. Nur Resignation. Meine Waffen fallen laut klirrend auf die aalglatten aufpolierten Fliesen der Aula. Das Gelächter stirbt und plötzlich sind alle Augen auf mich gerichtet. Ich werde keine Träne vergießen, auch wenn ich am liebsten wie ein kleines Kind heulen würde. Die letzten Kräfte werden mobilisiert. Sei stolz. Heb den Kopf, streck die Brust raus und sei stolz. Trag es mit Würde. Und mit Fassung. Diese Schlacht ist geschlagen, noch bevor sie angefangen hat.
Wortlos verlasse ich den Ort des Geschehens. Ich habe eine Aufgabe zu erledigen, wenn ich überleben möchte. Und ich muss die Fragen in meinem Kopf, die nach Antworten schreien zum Schweigen bringen. Es gibt keine Antworten. Und es darf auch keine Fragen mehr geben. Ich versuche mich zu erinnern, wo ich die letzten Jahre war. Es ist wie die Suche nach dem verlorenen Schlüssel - man sucht all die Orte auf, wo man ihn vielleicht verloren haben könnte. Irgendwo auf meinem Weg werden mir auch die verloren gegangenen Scherben begegnen. Ich werde sie zusammensetzen. So wie ich schon immer alle Scherben zusammengesetzt habe. Eine Suche endet erst dann, wenn man das gefunden hat, wonach man gesucht hat.
IV
Hinter einem alten Baum begegne ich dem Teufel wieder. Er lockt mit einem verführerischen Lächeln, dem ich kaum widerstehen kann. Er muss meine Verwundbarkeit gespürt haben, denn er lässt nicht locker und füllt meinen Kopf mit Worten. Dann hält er plötzlich inne und starrt mich verwundert an. Ich lächele kalt. Früher hättest du mehr Glück gehabt, alter Freund. Aber wie soll ich jetzt alles glauben was du sagst, wenn ich gar keinen Glauben mehr habe?
Ich unterschätze seine Macht und seinen Einfluss auf mich. Wieder einmal. Ich hätte einfach an ihm vorbei laufen müssen und mich nicht mehr umdrehen dürfen. Ich hätte ihn einfach vergessen müssen. Schwäche ist das größte Laster des Menschen. Ich warte bis er mich eingeholt hat, dann setzen wir gemeinsam den Weg fort. Es ist ein Weg, der ins bekannte Unbekannte führt und den wir schon oft gemeinsam gegangen sind. Für einen Moment keimt in mir der Wunsch auf, nach seiner Hand zu greifen und sie festzuhalten. Ich unterdrücke diesen Wunsch. Ich habe keine Hand.
Wir reden nicht. Es gibt in diesem Moment nichts zu sagen. Jeder ist in seinen Gedanken versunken, denn eine lange und beschwerliche Suche hat begonnen. Die Suche nach meinem Glauben.
Sommer, Sonne, Leichtsinn. Ich werde von den Geschehnissen wachgeküsst, wie Dornröschen aus ihrem Schlaf. Ich bin Alice im Wunderland. Der Baum brennt und ich habe es viel zu spät bemerkt. Hör auf, darüber zu nachzudenken. Du bist vielleicht nur blind. Und ein hoffnungsloser Idealist. Warum muss ich unbedingt herausfinden, ob die Puzzlestücke zusammen passen? Es war ein wunderbarer Kuss. Vielleicht sogar der Beste.
II
Anderer Sommer, anderes Märchen. Ich bin Schneewittchen und tanze mit den sieben Zwergen im Garten Eden. Den Garten bilde ich mir nur ein. In Wirklichkeit gibt es gar keinen Garten, aber Utopia scheint zum Greifen nahe zu sein. Ich muss nur noch meine Hand ausstrecken, es an mich reißen und schon könnte ich in eine Welt entschwinden, die meine Vorstellungskraft gänzlich sprengt. Ich habe keine Hand.
Aber dafür habe ich Augen. Ich will blind sein, um die Schönheit, die mich auffrisst nicht mehr sehen zu müssen. Unglaubliche Schmerzen legen sich wie ein Schleier um meinen Körper. Sie schmecken süßer als alles was ich bislang gekostet habe und raffen mich langsam dahin. Ich lache.
Eigentlich. Ja, eigentlich. Eigentlich sollte alles anders sein. Nein. Eigentlich müsste alles anders sein. Ich habe mir zuviel vom Teufel versprochen.
Die Vorstellung beginnt. Der Vorhang hebt sich und präsentiert die grell beleuchtete Bühne, auf der ich stehe. Ich bin Statist in einem drittklassigen Theaterstück und gleichzeitig der einzige Zuschauer im Saal.
III
Gott gewährt mir eine Audienz. Ich bin bewaffnet bis zu den Zähnen, als ich ihm am Morgen gegenüber trete und zu einem Duell herausfordere. Er weigert sich seine Sekundanten zu bestimmen. Die Ordnung gerät ins Wanken. Ich kann auf diese Weise nicht mit ihm spielen. Es ist ein Spiel ohne Spielregeln. Und es ist ein Spiel welches ich nicht gewinnen kann, weil es nie meine Bestimmung war zu gewinnen.
Zorn übermannt mich. Die eisige Stille wird lediglich durch mein wutentbranntes Keuchen unterbrochen. Die Aula ist voll. Sie sind alle da. Ich entdecke Judas, wie er mir mit einem zynischen Schmunzeln zuzwinkert. Lautes hämisches Gelächter ertönt und begräbt mich unter sich. Gott reckt sich, verschränkt die Arme hinter dem Nacken und schenkt mir ein überhebliches breites Grinsen. Ich hasse ihn für dieses Grinsen. Dieser Scheißkerl muss bluten. Er muss von seinem Thron gestürtzt werden und ich werde diejenige sein, die ihn stürzen wird. Geh auf die Knie damit ich dich ficken kann, so wie du mich die letzten Jahre gefickt hast.
Irgendwo singt ein Vogel sein letztes Lied. Der Morgen offenbart sich in all seiner Pracht. Es ist ein Morgen ohne Sonne. Ich bestaune diesen strahlend blauen aber sonnenlosen Himmel und hoffe ihn nie wieder sehen zu müssen. Er macht mir Angst, obwohl er so unschuldig wirkt. Zu unschuldig. Wie die Ruhe vor dem Sturm. Aber es wird keinen Sturm geben. Nur Resignation. Meine Waffen fallen laut klirrend auf die aalglatten aufpolierten Fliesen der Aula. Das Gelächter stirbt und plötzlich sind alle Augen auf mich gerichtet. Ich werde keine Träne vergießen, auch wenn ich am liebsten wie ein kleines Kind heulen würde. Die letzten Kräfte werden mobilisiert. Sei stolz. Heb den Kopf, streck die Brust raus und sei stolz. Trag es mit Würde. Und mit Fassung. Diese Schlacht ist geschlagen, noch bevor sie angefangen hat.
Wortlos verlasse ich den Ort des Geschehens. Ich habe eine Aufgabe zu erledigen, wenn ich überleben möchte. Und ich muss die Fragen in meinem Kopf, die nach Antworten schreien zum Schweigen bringen. Es gibt keine Antworten. Und es darf auch keine Fragen mehr geben. Ich versuche mich zu erinnern, wo ich die letzten Jahre war. Es ist wie die Suche nach dem verlorenen Schlüssel - man sucht all die Orte auf, wo man ihn vielleicht verloren haben könnte. Irgendwo auf meinem Weg werden mir auch die verloren gegangenen Scherben begegnen. Ich werde sie zusammensetzen. So wie ich schon immer alle Scherben zusammengesetzt habe. Eine Suche endet erst dann, wenn man das gefunden hat, wonach man gesucht hat.
IV
Hinter einem alten Baum begegne ich dem Teufel wieder. Er lockt mit einem verführerischen Lächeln, dem ich kaum widerstehen kann. Er muss meine Verwundbarkeit gespürt haben, denn er lässt nicht locker und füllt meinen Kopf mit Worten. Dann hält er plötzlich inne und starrt mich verwundert an. Ich lächele kalt. Früher hättest du mehr Glück gehabt, alter Freund. Aber wie soll ich jetzt alles glauben was du sagst, wenn ich gar keinen Glauben mehr habe?
Ich unterschätze seine Macht und seinen Einfluss auf mich. Wieder einmal. Ich hätte einfach an ihm vorbei laufen müssen und mich nicht mehr umdrehen dürfen. Ich hätte ihn einfach vergessen müssen. Schwäche ist das größte Laster des Menschen. Ich warte bis er mich eingeholt hat, dann setzen wir gemeinsam den Weg fort. Es ist ein Weg, der ins bekannte Unbekannte führt und den wir schon oft gemeinsam gegangen sind. Für einen Moment keimt in mir der Wunsch auf, nach seiner Hand zu greifen und sie festzuhalten. Ich unterdrücke diesen Wunsch. Ich habe keine Hand.
Wir reden nicht. Es gibt in diesem Moment nichts zu sagen. Jeder ist in seinen Gedanken versunken, denn eine lange und beschwerliche Suche hat begonnen. Die Suche nach meinem Glauben.
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