02.05.2010
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Warten auf Godot - Part II
» Part I
Neulich telefonierte ich mit meinem Freitag-Abend-Kumpel (der traurigerweise schon seit Jahren nicht mehr freitags bei mir war) und stellte fest, dass es ihm genauso geht, zumindest zeitweise, obwohl wir zwei völlig unterschiedliche Leben führen und uns auch in vielen Dingen überhaupt nicht ähneln. Uns war klar: Wir sind in der Midlife-Krise! Ich schon seit Jahren.
Das Traurige ist, man hat im Alltag viel zu wenig Zeit um darüber nachzudenken. Ich hatte in den letzten Tagen sehr viel Zeit und nutzte diese für all die Dinge aus, für ich im Alltag keine Zeit habe. Muss man sich mal geben. Ich war sechs (!) Jahre nicht mehr beim Zahnarzt. Zumindest laut meinem Bonusheft. Neulich war es ich. Ich hab es endlich geschafft, zum Zahnarzt zu gehen und dort zu kollabieren. Je länger man nicht geht, umso mehr Angst hat man. Ich war erstaunt, dass mein Zahnarzt keine Notwendigkeit sah, den Bohrer in die Hand zu nehmen, aber ich weiche vom Thema ab …
Es ist erschreckend. Man arbeitet von morgens bis abends, kommt heim, erledigt die Dinge, die man erledigen muss, geht seinen Verpflichtungen nach, die ja nicht mit dem Feierabend aufhören und ehe man sich versieht, fällt man todmüde ins Bett und weiß am Ende des Tages nicht mal genau, was man eigentlich den ganzen Tag gemacht hat, außer zu arbeiten – in jeglicher Hinsicht. Ich kam nicht drum rum um mich zu fragen: Ist es das? Ist das der Höhepunkt des Lebens? Ist das die Art und Weise wie ich bis zu meiner Rente leben werde, falls ich es bis dahin überhaupt lebend schaffe?
Hätte ich kein Kind, wäre ein Teil der "Arbeit", die auf mich auch nach Feierabend wartet nicht da. Aber was wäre dann da? Was machen Leute ohne Kinder? Fort gehen? Sich 'nen Hund kaufen? Länger arbeiten? Und dann widerfährt ihnen was? Was passiert dann?
Ich begriff, ich bin der Held in irgendeinem farblosen Roman einer Autorin, die in der Ich-Perspektive von ihrer Protagonistin erzählt, mit dem Unterschied, dass es hier keine blonden und dunkelbraunen Vampire und keine Massen von Männern gab, die in Ohnmacht fielen. Hier gab es nur das echte Leben mitsamt seiner Tragik, die mal absolut gar nichts Romantisches an sich hat.
Sowas will natürlich kein Schwein lesen, daher schreiben Autoren Bücher und erzählen darin von Dingen, die wesentlich interessanter und spannender sind als das Leben selbst. Weibliche Autoren schreiben darüber hinaus auch von der ganz großen Liebe, die von einer noch größeren Liebe übertönt wird und von DEM Mann aller Männer, der sein ganzes Leben lang auf die Protagonistin wartet und zu ihr passt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Autoren schreiben über Dinge, die es nicht gibt. Sie schreiben Fantasy-Romane, selbst wenn sie der Meinung ist, sie hätten sich einem ganz anderen Genre zugewandt.
Und damit wir uns mit solchen Gedanken nicht länger als nötig beschäftigen und am Schluss auch noch erhängen, hat das Leben dafür gesorgt, dass wir viel zu wenig Zeit haben und den Großteil unseres Lebens mit Arbeit und Verpflichtungen verbringen. Denn jemand, der beschäftigt und abgelenkt ist, der hat keine Zeit seinen Geist zu entfalten. Seelig sind die geistig armen. Je mehr man beschäftigt ist und je länger man in dieser Maschinerie gefangen gehalten wird, umso weniger Zeit und Lust hat man auf andere Dinge, weil diese Dinge irgendwann Verpflichtung bedeuten könnten und man froh ist über jede freie und ruhige Minute, in der man sich nicht um irgendetwas oder irgendjemanden scheren muss. Das ist auch der Grund, warum abends um 9 die Bürgersteige hochgeklappt werden und manche Leute noch nie ihre Nachbarn gesehen haben. Sowas geht nur so lange gut, bis man eines Morgens aufwacht und fest stellt, dass die Batterie alle ist und man aussteigen muss, bevor man völlig durchdreht.
Eigentlich absurd, dass es Wellness-Programme, ja ganze Einrichtungen gibt, die sich mit dem Thema Erholung und Entspannung beschäftigen. Als ob wir verlernt hätten zu entspannen. Haben wir nicht. Wir haben nur keine Zeit dafür, weil wir viel zu sehr damit beschäftigt sind das Geld fürs Überleben zu sichern. Manche leben um zu arbeiten und gehen darin richtig auf. Imho gehen sie nur deswegen darin auf, weil sie wissen, dass sie sonst in nichts anderem aufgehen würden. Nicht weniger tragisch.
Und was passiert, während man sich entspannt und erholt? Man putzt die Wohnung, schaut sich Vampirserien an oder geht zum Zahnarzt. Man geht den Verpflichtungen nach, für die man im Alltag keine Zeit hat, tut Dinge, die man schon lange mal tun wollte und ärgert sich über die Dummheit und Ignoranz anderer Menschen. Man erholt und entspannt sich damit man dann, wenn die Zeit der Erholung und Entspannung vorüber ist, wieder volle Kraft für die täglich wiederkehrenden Verpflichtungen aufbringen kann und keine Zeit hat um nachzudenken, über Sinn und Sinnlosigkeit, die Bedeutung und den Inhalt des Lebens, über den Stellenwert der eigenen Existenz in eben diesem Leben.
Neulich telefonierte ich mit meinem Freitag-Abend-Kumpel (der traurigerweise schon seit Jahren nicht mehr freitags bei mir war) und stellte fest, dass es ihm genauso geht, zumindest zeitweise, obwohl wir zwei völlig unterschiedliche Leben führen und uns auch in vielen Dingen überhaupt nicht ähneln. Uns war klar: Wir sind in der Midlife-Krise! Ich schon seit Jahren.
Das Traurige ist, man hat im Alltag viel zu wenig Zeit um darüber nachzudenken. Ich hatte in den letzten Tagen sehr viel Zeit und nutzte diese für all die Dinge aus, für ich im Alltag keine Zeit habe. Muss man sich mal geben. Ich war sechs (!) Jahre nicht mehr beim Zahnarzt. Zumindest laut meinem Bonusheft. Neulich war es ich. Ich hab es endlich geschafft, zum Zahnarzt zu gehen und dort zu kollabieren. Je länger man nicht geht, umso mehr Angst hat man. Ich war erstaunt, dass mein Zahnarzt keine Notwendigkeit sah, den Bohrer in die Hand zu nehmen, aber ich weiche vom Thema ab …
Es ist erschreckend. Man arbeitet von morgens bis abends, kommt heim, erledigt die Dinge, die man erledigen muss, geht seinen Verpflichtungen nach, die ja nicht mit dem Feierabend aufhören und ehe man sich versieht, fällt man todmüde ins Bett und weiß am Ende des Tages nicht mal genau, was man eigentlich den ganzen Tag gemacht hat, außer zu arbeiten – in jeglicher Hinsicht. Ich kam nicht drum rum um mich zu fragen: Ist es das? Ist das der Höhepunkt des Lebens? Ist das die Art und Weise wie ich bis zu meiner Rente leben werde, falls ich es bis dahin überhaupt lebend schaffe?
Hätte ich kein Kind, wäre ein Teil der "Arbeit", die auf mich auch nach Feierabend wartet nicht da. Aber was wäre dann da? Was machen Leute ohne Kinder? Fort gehen? Sich 'nen Hund kaufen? Länger arbeiten? Und dann widerfährt ihnen was? Was passiert dann?
Ich begriff, ich bin der Held in irgendeinem farblosen Roman einer Autorin, die in der Ich-Perspektive von ihrer Protagonistin erzählt, mit dem Unterschied, dass es hier keine blonden und dunkelbraunen Vampire und keine Massen von Männern gab, die in Ohnmacht fielen. Hier gab es nur das echte Leben mitsamt seiner Tragik, die mal absolut gar nichts Romantisches an sich hat.
Sowas will natürlich kein Schwein lesen, daher schreiben Autoren Bücher und erzählen darin von Dingen, die wesentlich interessanter und spannender sind als das Leben selbst. Weibliche Autoren schreiben darüber hinaus auch von der ganz großen Liebe, die von einer noch größeren Liebe übertönt wird und von DEM Mann aller Männer, der sein ganzes Leben lang auf die Protagonistin wartet und zu ihr passt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Autoren schreiben über Dinge, die es nicht gibt. Sie schreiben Fantasy-Romane, selbst wenn sie der Meinung ist, sie hätten sich einem ganz anderen Genre zugewandt.
Und damit wir uns mit solchen Gedanken nicht länger als nötig beschäftigen und am Schluss auch noch erhängen, hat das Leben dafür gesorgt, dass wir viel zu wenig Zeit haben und den Großteil unseres Lebens mit Arbeit und Verpflichtungen verbringen. Denn jemand, der beschäftigt und abgelenkt ist, der hat keine Zeit seinen Geist zu entfalten. Seelig sind die geistig armen. Je mehr man beschäftigt ist und je länger man in dieser Maschinerie gefangen gehalten wird, umso weniger Zeit und Lust hat man auf andere Dinge, weil diese Dinge irgendwann Verpflichtung bedeuten könnten und man froh ist über jede freie und ruhige Minute, in der man sich nicht um irgendetwas oder irgendjemanden scheren muss. Das ist auch der Grund, warum abends um 9 die Bürgersteige hochgeklappt werden und manche Leute noch nie ihre Nachbarn gesehen haben. Sowas geht nur so lange gut, bis man eines Morgens aufwacht und fest stellt, dass die Batterie alle ist und man aussteigen muss, bevor man völlig durchdreht.
Eigentlich absurd, dass es Wellness-Programme, ja ganze Einrichtungen gibt, die sich mit dem Thema Erholung und Entspannung beschäftigen. Als ob wir verlernt hätten zu entspannen. Haben wir nicht. Wir haben nur keine Zeit dafür, weil wir viel zu sehr damit beschäftigt sind das Geld fürs Überleben zu sichern. Manche leben um zu arbeiten und gehen darin richtig auf. Imho gehen sie nur deswegen darin auf, weil sie wissen, dass sie sonst in nichts anderem aufgehen würden. Nicht weniger tragisch.
Und was passiert, während man sich entspannt und erholt? Man putzt die Wohnung, schaut sich Vampirserien an oder geht zum Zahnarzt. Man geht den Verpflichtungen nach, für die man im Alltag keine Zeit hat, tut Dinge, die man schon lange mal tun wollte und ärgert sich über die Dummheit und Ignoranz anderer Menschen. Man erholt und entspannt sich damit man dann, wenn die Zeit der Erholung und Entspannung vorüber ist, wieder volle Kraft für die täglich wiederkehrenden Verpflichtungen aufbringen kann und keine Zeit hat um nachzudenken, über Sinn und Sinnlosigkeit, die Bedeutung und den Inhalt des Lebens, über den Stellenwert der eigenen Existenz in eben diesem Leben.
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