11.08.2005

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Der Tag an dem ich Gott umbrachte - Part III

Nachdem ich mein Treffen mit Satan mehr oder weniger vergeigt hatte, war mir klar, dass ich das nächste Mal die Sache überlegter angehen musste - sofern es überhaupt ein nächstes Mal gab. Ich flog zurück nach Deutschland, erneuerte meine Mitgliedschaft in der Bibliothek und kaufte sämtliche Bücher auf, die von Satan und Gott handelten. Meine Recherchen begannen erst im Internet, wo ich mich bei einschlägigen Seiten, Wikipedia und Google schlau machte. Überall bekam ich das gleiche zu lesen, außer bei satan-ist-tot.de, wo mir die Unwissenden doch tatsächlich klar machen wollten, dass es gar keinen Satan gab! Ignoranten. Was konnte ich von einer Seite erwarten, die von teilzeitvegetarischen Jesusfreunden betrieben wurde, welche noch nicht einmal wussten, wer Maria Magdalena war und womit sie sich ihren Lebensunterhalt einst verdient hatte?

Auch meine Stammvideothek profitierte von meinen Untersuchungen, denn von nun an waren alle Gott und / oder Satan-Filme permanent ausgeliehen. Von mir. God's Army war leider nicht allzu hilfreich. Zwar bekam ich hier einiges an Hintergrundinformationen, aber ich erfuhr nicht, wie man Satan nach einem verpatzten Date zu einem weiteren bewegen konnte. Die Neun Pforten waren da schon wesentlich hilfreicher. Ich schrieb daher einen freundlichen Brief an Johnny Depp und Roman Polanski, in dem ich die beiden um ihre Hilfe bat. Leider bekam ich nie eine Antwort.

Die Sache schien nicht einfach zu sein. Dantes Göttliche Komödie ist unbestritten ein Meisterwerk, aber da Dante leider das Zeitliche gesegnet hatte, konnte ich nicht mehr, als das was im Buch stand, erfahren und das wusste ich bereits seit geraumer Zeit. Wer nun glaubt, dass Faust die letzte Lösung war, der irrt. Faust hatte nämlich das Glück, sowohl von Gott als auch Satan die volle Aufmerksamkeit zu erhalten, was bei mir leider nicht der Fall war. Ich beauftragte einen zweifelhaften Advokaten, der mir bei der Recherche helfen sollte, wurde mir doch bewusst, dass ich hier was ganz Großes vor hatte.

Seit meiner Kindheit war ich in keiner Kirche mehr gewesen, doch das änderte sich nun. Ich wurde regelmäßiger Gast sämtlicher Gottesdienste in der Stadt. Ich ging sogar so weit, dass ich Mitglied einer satanistischen Sekte wurde. Zu Beginn zweifelte ich, dass ich dort Antworten finden würde. Das Ganze war mir mehr als suspekt, konnte ich doch die ersten Tage keine satanistischen Aktivitäten feststellen. Unsere Treffen bestanden eigentlich nur aus Sauforgien, Gruppensex und der 4-wöchentlichen Opferung eines Kalbes. Wesentlich spannender waren da die Friedhofstreffen, die wir bei jedem Vollmond vollzogen, auch wenn ich mich fragte, ob die Satanisten noch wussten, dass wir Satan und nicht Dracula oder Werwölfe beschwören wollten. Die Sitzungen auf dem Friedhof unterschieden sich nicht allzu sehr von den üblichen Sitzungen. Der einzige eklatante Unterschied bestand eigentlich darin, dass irgendwann die Polizei auftauchte und wir fliehen mussten. Ansonsten wurde dort das Übliche praktiziert. Nackttanzen um das Lagerfeuer und Lesen und Propagieren satanistischer Schriften und Gedanken (welche das jüngste Gericht auf gänzlich andere Art und Weise ausgehen ließen). Das Ritual endete üblicherweise in einem Alkoholexzess und ich befürchtete, dass meine Nieren versagen würden, bevor ich meinen Plan zu Ende bringen konnte. Kurzum: Man frönte den körperlichen Gelüsten in jeder erdenklichen Form. Zweifelsohne hätte die Hälfte der satanistischen Belegschaft bei den Sexaholics ihre Daseinsberechtigung gefunden, beschlich mich doch ab und an der Verdacht, dass sie ihre Sexsucht unter dem Mantel der Teufelsbeschwörung versteckten. Ich kann jedoch nicht leugnen, dass auch ich an diesen abscheulichen Orgien teilnahm, hatte ich doch eine Mission vor mir und wollte diese auf keinen Fall gefährden. Außerdem wurde mir klar, dass man Gott provozieren wollte, in dem man alles tat, was er nicht für gut befand. Gleichzeitig hoffte man auf diese Weise die langersehnte Aufmerksamkeit Satans für sich zu gewinnen.

Die Wochen zogen ins Land und es schien, als ob ich nicht weiter kommen würde, bis eines Montags mein Plan ernsthaft in Gefahr geriet. Ich war gerade dabei etwas Essbares zu produzieren, während Sohn im Wohnzimmer sein Unwesen trieb und mit den Fernsehkanälen spielte. Dabei blieb er zufällig bei CNN hängen, wo berichtet wurde, dass das FBI einen langgesuchten Terroristen endlich geschnappt hatte. Er hatte in der Vergangenheit einige Anschläge in verschiedenen US-Städten verübt, zuletzt in New York, wo er der Brandstiftung beschuldigt wurde und für den Tod Jahrzehnte alter Bäume verantwortlich war. Ich wurde hellhörig und ließ alles stehen und liegen, um den Bericht weiter verfolgen zu können. Der 37jährige sei vergangene Nacht, so hieß es, gefasst worden, als er vor einer Kirche in aller Öffentlichkeit onanierte und dabei lauthals lachte. Zur Stunde sei die Staatsanwaltschaft mit der Anklage beschäftigt, man vermute aber bereits jetzt, dass dem Terroristen mindestens 5 Jahre Haft drohten.

Klasse! Konnte es jetzt noch schlimmer werden? Satan im Hochsicherheitstrakt eines amerikanischen Gefängnisses. Mir war überhaupt nicht klar, was er sich von der Erregung öffentlichen Ärgernisses versprochen hatte und wozu das Ganze gut gewesen sein soll, außer dass es meinem Plan schadete, von dem er allerdings noch nichts wusste. Ich flog nach New York um dem Prozess beizuwohnen, der einige Tage später ohne Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Eventuell konnte ich mit ihm irgendwie in Kontakt treten, bevor er endgültig hinter Gittern verschwand. Vielleicht hatte er aber auch Glück und die Anklage würde fallen gelassen werden? Ich hoffte, Satan würde mich wieder erkennen, aber das war leider nicht der Fall. Er sah recht mitgenommen aus, unrasiert und ungepflegt. Zweifelsohne wurde er weder gut noch respektvoll behandelt. Die Verhandlung zog sich ewig in die Länge und langweilte mich zu Tode. Als ich den Eindruck hatte, in Kürze wahnsinnig zu werden, zogen sich die Geschworenen endlich zurück, um sich zu beraten. Eine Stunde später durften wir zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal. 5 Jahre und 3 Monate hieß es. Der Hammer fiel und kurze Zeit später wurde Satan abgeführt.

Meine Stimmung sank auf Kellerniveau. Verbittert und enttäuscht ob der Ereignisse verließ ich den Gerichtssaal. Dahin war mein Traum von einem Deal mit Satan, wenn ich nicht vorhatte, die nächsten fünf Jahre auf seine Entlassung zu warten. Die einzige Möglichkeit, die ich jetzt noch hatte, war, eine Brieffreundschaft mit ihm zu pflegen, sofern er daran überhaupt Interesse hatte. Ich war mir sicher, dass Briefe geöffnet und / oder gelesen wurden, was natürlich nicht sonderlich von Vorteil war, vor allem, wenn man darin bekundet, dass man gerade dabei ist, Gott ein Grab zu schaufeln und um hilfreiche Tipps bittet. Verdammt! Was musste Satan auch so leichtsinnig sein und öffentlich seine Perversionen ausleben? Er hatte mir damit einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht.

Bis ich eine neue Lösung gefunden und ggf. einen neuen Plan ausgearbeitet hatte, lebte und recherchierte ich weiter wie bisher. Ich musste die Zeit sinnvoll nutzen. Witzigerweise bekam ich ausgerechnet von den Satansanhängern (die bis dato noch immer nicht wussten, dass Satan mittlerweile ein Knastbruder war. Einmal mit Profis arbeiten) ein hilfreichen Tipp. Wir waren gerade mit der ersten Orgie fertig und machten große Pause, als ich einen jungen Satanisten etwas von Terry Pratchett schwafeln hörte. Natürlich! Wieso bin ich nicht selbst auf ihn gekommen? Wenn sich einer mit Satan auskannte, dann er! Ich konnte es kaum erwarten nach Hause zu kommen und mit dem Lesen der Scheibenwelt zu beginnen. Als endlich auch das letzte Mitglied der Sekte genug von Sex, Alkohol und Drogen hatte, machte ich mich so schnell wie möglich aus dem Staub. Zu Hause angekommen, kramte ich Pratchetts Bücher unterm Bett hervor und gab mir die volle Dröhnung. Es war mittlerweile einige Zeit vergangen, seitdem ich das letzte Buch von ihm las, jedoch erinnerte ich mich sehr gut daran, dass Satan - wie alle anderen Geschäftsleute auch - einen Stellvertreter hatte. Pratchetts Recherchen zu Folge handelte es sich hierbei zwar nur um einen Azubi, aber besser ein teuflischer Azubi als gar kein Anhaltspunkt. Wie Pratchett seinerzeit richtig erkannt hatte, musste nun mal jemand Satans Job übernehmen, wenn dieser aus irgendwelchen Gründen verhindert war. Ich fragte mich, wer nun, da Satan hinter schwedischen Gardinen saß, seine alltägliche Arbeit erledigte. Zweifelsohne wäre einer der Satanisten dafür bestens geeignet. Doch sicherlich würde es sich hierbei um keinen kleinen Fisch handeln. Ich musste also zusehen, dass ich an den Oberboss ran kam. Ich wusste, dass die Satanisten in Zellen arbeiteten und überall auf der ganzen Welt in diverse Machenschaften verwickelt waren. Ein diabolisches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.

Die Sachlage sah nun gar nicht mal so schlecht aus, wie ich einige Wochen zuvor noch angenommen hatte. Und wenn mich nicht alles täuschte, würde Satans Stellvertreter ebenfalls Moslem sein. Alles andere schien mir unlogisch. Ich erinnerte mich, dass er damals, als ich ihn in Hell's Kitchen antraf, ein ägyptisches Boulevardblatt las. Das war für mich Hinweis genug. Ich wusste nun, wo ich nach dem Stellvertreter zu suchen hatte und so begann ich meine Klamotten für eine weite Reise zu packen. Meine Suche führte mich nämlich nach Ägypten, in das Land der Pharaonen und Mumien ...

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